Was ich lernte, als ich zum ersten mal selbst Meersalz erntete

Hast Du schon einmal Dein eigenes Meersalz geerntet? Auf Kreta gibt es vor allem im Osten und im Süden Küstenabschnitte, die aus Felsen bestehen, die regelmäßig bei Flut vom Meer überspült werden, in Ebbe-Zeiten aber begehbar sind. Wenn Du auf diesen Felsen dann herumläufst, suche einmal nach flachen Kuhlen, in denen sich das Wasser beim Rückzug angesammelt hat. Wenn die Ebbe-Periode schon einige Stunden andauert und die Sonne stark genug geschienen hat, ist darin schon so viel Wasser verdunstet, dass sich oben eine Salzkruste gebildet hat. Mit bloßer Hand kannst Du sie dann eindrücken und das Salz stückweise abschöpfen. Achte darauf, dass Du nicht Felsenmaterial mit wegnimmst, sondern möglichst nur das Salz von der oberen Kruste. Kratze insbesondere nicht das Salz vom Felsen ab, denn dann ist es zu verunreinigt und schaut nicht mehr schön aus. Du musst nicht gierig sein. Schnell hast Du mehrere Hände voll Salz gesammelt. Breite es zu Hause flach auf einem Tisch in der Sonne liegend aus, damit es dort weiter trocknen kann. Du hast dann Dein eigenes Meersalz geerntet!

Es ist viel gröber als das gewöhnliche Bergwerkssalz, wie wir es normalerweise verwenden. Es schmeckt weniger intensiv, dafür geschmackvoller und besonders lecker, weil die Mineralien aus dem Meer und dem Felsen ihm eine besondere Note verleihen. Probiere diesen Tipp also unbedingt aus, wenn Du das nächste Mal auf Kreta bist!

Du hättest mein Gesicht sehen sollen, als ich das erste Mal noch völlig unvorbereitet auf den Felsen hüpfend nach Salz suchte, fündig wurde und freudestrahlend mit meinen beiden Händen voll Salz nach Hause lief. Ein ungeheures Gefühl von Reichtum stellte sich unmittelbar ein. Salz ist ein Lebenselixier und unbedingt notwendig zum Leben. Ich trug zwei Hände davon mit mir. Von der Natur geschenkt und ohne große Mühe geerntet! Was ich zum Leben brauche schenkt mir die Natur von sich aus! Ich fühlte mich einfach reich, reich beschenkt!

Das Gefühl, das sich bei mir einstellte erinnert mich genau an das, was Wiebke und Marc im freshup- Podcasts in Folge 267 „Wie man sich reich fühlt“ beschrieben haben. Hör dort doch mal rein!

Dieses Gefühl des natürlichen Reichtums weitete sich sogar aus. Das Klima auf Kreta sorgt ganzjährig für mein Wohl, denn ich muss nicht Angst haben zu erfrieren. Es wachsen so viele Früchte an herrenlosen Bäumen an den Straßen. Die ganze Insel besteht aus Olivenbäumen. Die Menschen sind gastfreundlich und unterstützen sich gegenseitig, wo Sie können. Ich kenne sogar einen Kretaner, der einem deutschen Auswanderer auf Kreta in der Zeit der Finanzkrise ein eigens Stück Land überlassen hat, damit dieser dort sein Gemüse anbauen kann. Ich frage mich gerade, ob dies wohl in Deutschland auch jemand für einem ausländischen Mitbewohner tun würde.

Und andererseits: Meersalz ist nicht immer verfügbar! Du musst einen Ort kennen, an dem sich Meersalz sammeln kann. Die Kuhle darf nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein, nicht zu tief und nicht zu flach. Du musst abwarten bis Ebbe ist, die Sonne stark genug scheint und der Wind nicht so stark ist, dass er doch die Wellen hochspült und Du auf den Felsen klettern kannst. Es funktioniert also nicht, dass Du das Meersalz Ernten im Vorhinein planst. Du musst die Gunst der Stunde nutzen.

Im Griechischen gibt es hierfür übrigens das Wort Kairos dafür: der günstige Zeitpunkt einer Entscheidung, die Gunst der Stunde, dessen Verstreichen auch nachteilig sein kann. Kairos steht im Gegensatz zu Chronos, der das planbare Zeitmaß ausdrückt. Schon die alten Griechen wussten diese beiden Bedeutungen also sorgsam zu unterscheiden.

Für das lebenswichtige Meersalz würde dies also bedeuten: Du solltest vorsorgen und den Vorrat frühzeitig auffüllen. Oder Du solltest, wenn die Gunst der Stunde kommt, auch mal Deine Arbeit für eine halbe Stunde stehen lassen, um Salz zu ernten und Deine Vorräte aufzufüllen. Diese Pause wird Dich stärker machen und neue Kraft verleihen. Die besondere Herausforderung liegt nun darin, die Gunst der Stunde auch wahrzunehmen, also Deine Wahrnehmung darin zu schulen!

So mancher Kretaner hat uns hier einiges voraus und solltest Du Alexis Sorbas noch nicht gelesen haben, möchte ich Dir das Buch dazu an dieser Stelle ans Herz legen.

Wie Du siehst verleitet sogar eine solch einfache Tätigkeit wie Meersalz ernten zum Philosophieren. Beim Schreiben dieser Zeilen verspüre ich erneut die Dankbarkeit, die ich damals erfuhr, als mit zwei Händen voll selbst geerntetem Salz nach Hause lief. Und dies, obwohl ich derzeit in Deutschland weit weg von jeglichen Meer bin. Das Gefühl jedoch kann ich mitnehmen. Und genau aus solchen Gründen bereichert der 2-Welten-Lifestyle mein Leben.

Kannst Du dies nachempfinden?

2 Gedanken zu „Was ich lernte, als ich zum ersten mal selbst Meersalz erntete

  1. ja ich kann es nachvollziehen 🙂 das Einfache ist so wertvoll!
    Für mich ist es der Garten bei meinem Partner, ganz unverfälscht, mit einer rieseigen satten saftigen Wiese, über und über mit Wildkräutern bewachsen, die ich regelmäßig ernte und verarbeite. Im letzten Jahr begannen wir mit dem Bioanbau von Obst und Gemüse und im Laufe der Zeit erhoffe ich mir, dass wir uns ganzjährig weitestgehend aus diesem Paradies selbst versorgen können.
    Mir geht das Herz auf, wenn ich darüber sinniere, welches Glück mir mit dem Partner und seinem Garten beschert wird.
    Dafür bin ich unendlich dankbar 🙂

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